Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist eine funktionelle gastrointestinale Störung, die durch eine Reihe von Symptomen gekennzeichnet ist, darunter abdominale Schmerzen, Blähungen, Durchfall und/oder Verstopfung. Trotz der hohen Prävalenz und der erheblichen Auswirkungen auf die Lebensqualität der Patienten bleibt die Pathophysiologie des RDS unvollständig verstanden und die Behandlungsoptionen sind begrenzt.
Die aktuelle S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM) definiert das RDS als eine chronische Erkrankung, die mit Veränderungen des Stuhlgangs einhergeht und die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigt. Die Diagnose wird per Ausschlussdiagnostik gestellt, wobei andere Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik, wie Darmkrebs und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, ausgeschlossen werden müssen.
Die aktuelle Therapie des RDS ist multimodal und umfasst allgemeine, symptomunabhängige Maßnahmen sowie symptomorientierte Therapien. Zu den allgemeinen Maßnahmen gehört die Ernährungsumstellung, insbesondere die Low-FODMAP-Diät, die eine gute Wirksamkeit für fast alle RDS-Typen zeigt. Psychotherapeutische Verfahren, wie die kognitive und psychodynamische Verhaltenstherapie sowie die Bauch-gerichtete Hypnose, haben sich ebenfalls als wirksam erwiesen. Darüber hinaus zielen einige Behandlungen auf die Modulation des Darm-Mikrobioms ab, etwa durch die Verabreichung von Probiotika. Trotz dieser Fortschritte bleibt die Behandlung des RDS eine Herausforderung und es besteht ein dringender Bedarf an neuen therapeutischen Ansätzen. In diesem Zusammenhang sind mehrere innovative Behandlungsstrategien in der Entwicklung, die das Potenzial haben, die Therapielandschaft des RDS zu verändern.
Die sakrale Nervenstimulation (SNS), eine neuartige Methode, die elektrische Impulse verwendet, um Nervenfelder im Körper zu stimulieren, befindet sich derzeit in klinischen Studien und hat das Potenzial, die Symptome des RDS zu lindern. Die Fecal Microbiota Transplantation (FMT), bei der die Darmflora von gesunden Spendern auf Patienten übertragen wird, wird derzeit als vielversprechender Ansatz zur Normalisierung des Mikrobioms und zur Linderung von RDS-Symptomen erforscht. Schließlich wird Olorinab, ein Cannabinoid-Rezeptor-Agonist, der speziell entwickelt wurde, um Schmerzen bei gastrointestinalen Erkrankungen zu behandeln, derzeit in klinischen Studien getestet.
Die sakrale Nervenstimulation ist eine etablierte Behandlungsoption für Patienten mit chronischen Störungen der Blasen- oder Darmfunktion, einschließlich Fäkalinkontinenz, Verstopfung und obstruktivem Defäkationssyndrom, die auf Erst- oder Zweitlinientherapien nicht ansprechen. Sie kann auch als minimalinvasive letzte Option vor der Überlegung einer größeren Operation, wie im Fall von chronischer anhaltender Verstopfung, oder subtotaler Kolektomie oder Kolostomie in Betracht gezogen werden.
Eine aktuelle Studie hat die funktionellen Ergebnisse und die Zufriedenheitsrate mit SNS bei aufeinanderfolgenden Patienten, die wegen einer oder mehrerer Beckenbodenfunktionsstörungen (PFD) behandelt wurden, bewertet. Die Studie umfasste 70 Patienten, von denen 98,6% während der Evaluierungsphase positiv reagierten, was zur Implantation eines permanenten SNS-Geräts führte. Die Ergebnisse zeigten, dass alle Scores zwischen dem Ausgangszustand (vor SNS) und dem Ende der Nachbeobachtung (nach SNS) signifikant verbessert wurden, ebenso wie die visuelle Analogskala (VAS) in allen Gruppen (einzelne und mehrere PFD).
Die sakrale Nervenstimulationstechnik, die in dieser Studie verwendet wurde, ist bereits beschrieben worden. Unter Sedierung und lokaler Anästhesie wurden Nadeln bilateral in die S3-Foramina positioniert, und ein externer Pulsgenerator wurde zur Stimulation verwendet. Nach einer positiven Reaktion wurde eine Elektrode mit einem temporären Stimulationsdraht platziert. Nach 7 bis 15 Tagen wurde der Patient mit einem klinischen Interview und einem Fragebogen evaluiert. Eine positive Reaktion wurde definiert als eine subjektive Symptomverbesserung von mindestens 50% in der Global Response Assessment (GRA), mit 0% als "keine Reaktion" und 100% als "vollständige Auflösung der Symptome".
Die Studie kam zu dem Schluss, dass die SNS-Technik eine effektive und sichere Option für Patienten mit einer oder mehreren PFDs ist, die auf konservative Maßnahmen und pharmakologische Behandlungen nicht ansprechen. Die Reaktion war positiv für mindestens zwei PFDs, basierend auf der Reduktion schwerer Symptome und entsprechender Scores sowie der Zufriedenheitsrate.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Verständnis und die Behandlung des RDS sich in einer spannenden Phase der Entwicklung befinden. Die Integration neuer diagnostischer Werkzeuge und therapeutischer Ansätze in die klinische Praxis wird voraussichtlich zu einer verbesserten Patientenversorgung führen und neue Wege zur Linderung der Symptome und zur Verbesserung der Lebensqualität der Patienten eröffnen.
Referenzen:
- Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen. S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGNM). Z Gastroenterol 2011.
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