Was ist die elektronische Patientenakte?
Die elektronische Patientenakte (ePA) ist die persönliche digitale Gesundheitsakte für Patientinnen und Patienten. Sie fungiert als umfassende Sammlung relevanter medizinischer Informationen und steht über Praxis- und Krankenhausgrenzen hinweg zur Verfügung. Die ePA wurde entwickelt, um den Informationsaustausch und die Vernetzung zwischen verschiedenen Gesundheitseinrichtungen zu erleichtern und die Kontinuität der Versorgung zu verbessern. Aktuell handelt es sich bei der ePA um ein freiwilliges Angebot. Seit dem 01. Januar 2021 können sich gesetzlich Versicherte eine entsprechende App ihrer Krankenkasse herunterladen und die Einrichtung der ePA beantragen. Die Übertragung von Dokumenten in die ePA kann sowohl von den Patientinnen und Patienten selbst als auch nach erteilter Erlaubnis bzw. Zugriffsberechtigung durch die Ärztin oder den Arzt erfolgen. Die gespeicherten Daten werden in der Telematikinfrastruktur des Gesundheitswesens abgelegt. Jedoch sind die bisherigen Nutzerzahlen ernüchternd: Weniger als 1 % der gesetzlich Versicherten haben sich die ePA-App heruntergeladen und nur wenige Arztpraxen befüllen sie mit relevanten Daten. Die Gründe hierfür sind vielfältig und umfassen mangelnde Information und Aufklärung, komplizierte Anmeldeverfahren und Authentifizierung, unausgereifte Apps sowie unstrukturierte Datensammlungen. Die Bundesregierung plant jedoch, diese Situation zu verbessern und die Einführung der ePA zu beschleunigen: Mit dem Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung im Gesundheitswesen (Digital-Gesetz) soll ab dem 15. Januar 2025 die Einrichtung der ePA für alle gesetzlich Versicherten (und später auch für Privatversicherte) automatisch durch die Krankenkassen erfolgen. Falls Versicherte damit nicht einverstanden sind, wird ihnen die Möglichkeit des aktiven Widersprechens (Opt-Out-Verfahren) eingeräumt. Die Bundesregierung strebt an, die Nutzungsquote so bis zum Jahr 2026 auf 80 % zu steigern.
Was wird in der ePA gespeichert und wer hat Zugriff darauf?
Die ePA ermöglicht die Speicherung einer Vielzahl von Gesundheitsinformationen, darunter Diagnosen, Medikationspläne, Arztbriefe, Laborergebnisse, OP-Berichte, Röntgenbilder sowie wichtige Dokumente wie Impfausweis, Mutterpass und das Zahnbonusheft. Zusätzlich können lebenswichtige Notfalldaten, ähnlich wie auf der elektronischen Gesundheitskarte, in der ePA hinterlegt werden. Zukünftig wird auch die Nutzung des E-Rezepts über die ePA-App möglich sein. Die Datenhoheit über sämtliche gespeicherte Daten liegt vollständig bei den Patientinnen und Patienten: Sie allein entscheiden darüber, ob und in welchem Umfang sie die ePA nutzen möchten, welche Daten dort gespeichert werden, wer für welche Dauer Zugriff darauf hat und welche Daten ggf. wieder gelöscht werden sollen. Diese Regelung soll auch ab 2025 bestehen bleiben: Obwohl das Digital-Gesetz vorsieht, dass alle Behandlungen automatisch in der ePA erfasst werden, haben Patientinnen und Patienten jederzeit die Möglichkeit, dem zu widersprechen , die Löschung zu beantragen oder Zugriffsrechte zu beschränken. Diese Einstellungen können zudem detailliert für jedes einzelne gespeicherte Dokument festgelegt werden. In Bezug auf besonders sensible Informationen wie beispielsweise HIV-Infektionen, Schwangerschaftsabbrüche oder psychische Erkrankungen sieht das Gesetz vor, dass Ärztinnen und Ärzte explizit auf das Recht zum Widerspruch hinweisen müssen.
Welche Vorteile hat die ePA?
Vorteile für Ärztinnnen und Ärzten
Die Einführung der ePA trägt maßgeblich zur Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen bei. Durch den elektronischen Zugriff auf Patientendaten können Gesundheitsdienstleister schneller auf relevante Patienteninformationen zugreifen, diese austauschen und effektiver miteinander kommunizieren. Dies führt zu einem deutlich reduzierten administrativen Arbeitsaufwand, da durch die zentrale Datenspeicherung ein umständlicher Wechsel zwischen verschiedenen Datenerfassungssystemen entfällt. Die zentralisierte Datenspeicherung minimiert zudem die Wahrscheinlichkeit von Mehrfachuntersuchungen, da alle beteiligten Akteure auf dieselben Informationen zugreifen können. Die Wahrscheinlichkeit für Medikationsfehler werden ebenfalls reduziert, da die elektronische Erfassung von Medikationsplänen potenzielle Fehler bei der Verschreibung und Verabreichung von Medikamenten minimiert. Für Patientinnen und Patienten.
Vorteile für für Patientinnen und Patienten
Für Patientinnen und Patienten führt die ePA zu einer verbesserten Patientenversorgung, indem Ärztinnen und Ärzte präzisere Diagnosen stellen und personalisierte Behandlungspläne erstellen können, basierend auf einer umfassenden Datengrundlage. Individuelle Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten werden so besser berücksichtigt. Automatisierte Warnungen von möglichen Wechselwirkungen und Allergien tragen zur Sicherheit der Patientinnen und Patienten bei. Zudem erleichtert die ePA das Einholen von Zweitmeinungen sowie den Ablauf eines potenziellen Arztwechsels. Nicht zuletzt fördert die ePA das Patientenempowerment, da Patientinnen und Patienten aktiv an ihrer Gesundheitsversorgung teilhaben können und ihnen die Navigation durch das komplizierte Gesundheitswesen erleichtert wird. Neben der Verwaltung von Terminen können sie ihre Gesundheitsentwicklung verstehen, nachverfolgen und so informierte Entscheidungen treffen. Im Rahmen des Digital-Gesetzes wurde ein weiteres Gesetz, das Gesundheitsdatennutzungsgesetz, verabschiedet. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die Verwendung von Gesundheitsdaten für gemeinwohlorientierte Zwecke zu lenken. Insbesondere sieht es die Übermittlung und Nutzung pseudonymisierter Daten aus der ePA vor. Hierfür wird ebenfalls ein Opt-Out-Verfahren eingeführt. Durch systematische Analysen sollen Fortschritte in der medizinischen Forschung beschleunigt und eine verbesserte Gesundheitsversorgung ermöglicht werden. Eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle soll geschaffen werden, um die Nutzung von Gesundheitsdaten zu steuern.
Welche Bedenken gibt es?
Trotz der vielfältigen Vorteile, die die Einführung der ePA mit sich bringt, gibt es berechtigte Bedenken seitens Datenschützern, IT-Sicherheitsexperten und Verbraucherschützern. Insbesondere zählen Gesundheitsdaten zu den sensibelsten Informationen und erfordern einen besonders starken Schutz vor Missbrauch. Es muss daher ein effektives Sicherheitssystem implementiert werden, um den Zugriff zu reglementieren. Hierzu werden die Daten verschlüsselt abgelegt und auf Servern innerhalb Deutschlands gespeichert, welche den europäischen Datenschutzbestimmungen unterliegen. Darüber hinaus müssen die verschiedenen Apps der Krankenkassen ein aufwendiges Zertifizierungsverfahren durchlaufen. Trotz dieser Maßnahmen stellen insbesondere Apps auf Endgeräten ohne ausreichende Sicherheitsupdates potenzielle Sicherheitsrisiken dar. Auch die geplante Widerspruchsregelung zur ePA wird kontrovers diskutiert. Die bisherige Opt-In-Regelung, bei der die Versicherten aktiv ihre Einwilligung zur Erstellung und Befüllung einer ePA geben, hat aus Sicht der Patientinnen und Patienten ein Höchstmaß an datenschutzrechtlicher Sicherheit geboten, aber die Implementierung der ePA auch nachweislich erschwert. Die nun beschlossene Opt-Out-Variante erfordert, dass Patientinnen und Patienten der Speicherung bzw. des Zugriffs auf ihre Daten aktiv widersprechen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz betrachtet dies mit Skepsis, da nach ihrer Ansicht "Schweigen“, also keine Aussage zur ePA, nicht als Zustimmung zu ihrer Verwendung gewertet werden sollte. Eine umfassende Aufklärung ist notwendig, um allen Patientinnen und Patienten eine informierte Entscheidung zu ermöglichen. Es ist zudem datenschutzrechtlich kritisch zu bewerten, dass Menschen ohne entsprechendes digitales Endgerät stark in der Nutzung und Verwaltung ihrer ePA eingeschränkt sind.
Fazit
Die elektronische Patientenakte ist ein entscheidender Schritt in Richtung einer zeitgemäßen, digitalisierten und patientenzentrierten Gesundheitsversorgung. Sie ermöglicht eine bessere Vernetzung und steigert die Effizienz innerhalb des Gesundheitswesens, was zu einer verbesserten Patientenversorgung sowie einem erweiterten Datenpool für die medizinische Forschung führt. Die verpflichtende Einführung ab 2025 zielt darauf ab, die Nutzung zu beschleunigen. Allerdings erfordert die damit verbundene Widerspruchsregelung eine umfassende Aufklärung und Information von Patientinnen und Patienten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Nutzung der ePA einfach, unkompliziert und ressourcenschonend gestaltet wird. Nur durch eine breite Akzeptanz sowohl bei Ärztinnen und Ärzten als auch bei Patientinnen und Patienten kann die ePA zu einem Erfolgsmodell werden.
Referenzen:
- Bundesministerium für Gesundheit: Bundestag verabschiedet Digitalgesetze für bessere Versorgung und Forschung im Gesundheitswesen zuletzt abgerufen am 14.12.2023
- Bundesministerium für Gesundheit: Die elektronische Patientenakte (ePA) zuletzt abgerufen am 14.12.2023
- Tagesschau: Lauterbach will Gesundheitsdaten besser digitalisieren zuletzt abgerufen am 11.12.2023
- Deutscher Bundestag: Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) zuletzt abgerufen am 11.12.2023
- Finanztip: Elektronische Patientenakte (ePA) - Wichtige Gesundheitsdaten immer im Blick behalten zuletzt abgerufen am 13.12.2023
- Die Bundesregierung: Digitalisierung zum Wohle der Patienten zuletzt abgerufen am 14.12.2023
- Bundesministerium für Gesundheit: Bundeskabinett beschließt Digitalgesetze für bessere Versorgung und Forschung im Gesundheitswesen zuletzt abgerufen am 14.12.2023
- Deutsche Stiftung Patientenschutz: Gesetz zur E-Patientenakte muss nachgebessert werden: Schweigen bedeutet nicht Zustimmung zuletzt abgerufen am 14.12.2023
- BfDI: Die elektronische Patientenakte (ePA) zuletzt abgerufen am 13.12.2023